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Personalanzeigen:
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Weitere Kommentare, Reden, Interviews |
Als "wertvollstes Kapital" werden sie von Vorständen gern bezeichnet
und als Garant für die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gepriesen.
Die Rede ist von hochqualifiziertem Personal, um dessen Anwerbung
man sich in jeder konjunkturellen Lage doch eigentlich
ein Bein ausreißen
müsste. Doch nichts dergleichen: Das Gros der Stellenanzeigen
spricht eine andere Sprache und ist ein Indiz für
Personalsachbearbeiter, die sich in potenzielle
Bewerber1)
nicht hineinversetzen können, vor allem nicht in jene Top-Leute, die das
Unternehmen händeringend sucht.
Auch der Einsatz von hilfreichen Techniken wie
Response-Messung
ist schlichtweg ein Fremdwort.
"HR", als Kürzel für "Human Resources", heißt sie heute auf Neudeutsch, die Personalabteilung. Schließlich schpiekt man perfekt auswärts und tut auch sonst gern kund, dass man im Unternehmen auf der Höhe der Zeit ist. Doch wer leichtfertig vermutet, dass in der Personalarbeit ein frischer Wind weht, der dafür sorgt, dass bessere Mitarbeiter eingestellt werden, und das dann auch noch in kürzerer Zeit als bisher, sieht sich getäuscht. Ein Blick auf Stellenanzeigen in Print- und Online-Medien offenbart Befremdliches: Spuren von Kommunikationskompetenz, die man gerade Personalern unterstellen möchte, sucht man in Anzeigen meist vergebens, und der Verdacht drängt sich auf, dass deren Formulierung vom Hausmeister erledigt wurde, gleich nachdem der mit dem Kreuzworträtsel fertig war.
Nicht wenige Inserate sind ein Indiz dafür, dass sich der Verfasser so ganz und gar nicht in den Leser hineinversetzen kann -- mit absehbaren Folgen: Der Hochqualifizierte, den man gern hätte, fühlt sich nicht angesprochen und bewirbt sich gar nicht erst um die offene Position. Beste Voraussetzungen also für untaugliche Bewerbungseingänge, zumindest aber für unnötigen Aufwand, zusätzlichen Zeitbedarf und nicht zuletzt zusätzliche Abwicklungskosten. Und wenn's mit brauchbaren Bewerbungen so gar nicht klappen will, dann müssen auch noch zusätzliche Stellenanzeigen geschaltet werden.
Die Ursachen für diese Malaise sind fast immer trivial: "Das haben wir immer so gemacht" und "das machen alle so". Obendrein müsste man ja der Fachabteilung gehörig auf die Füße treten, um von einer lieblosen Schlagwortliste zu aussagekräftiger Hintergrundinformation zu gelangen. Kurzum, man betreibt die Dinge eben genau so, wie alle anderen auch, selbst dann, wenn man doch eigentlich das bessere Personal rekrutieren will.
Erst kürzlich hatte ich auf einem 3-Stunden-Flug von Lissabon nach München die Gelegenheit, Geschäftsführungs-, Vertriebs- und IT-Stellenanzeigen zu studieren. Nur wenige waren vom Informationsgehalt her ansprechend, die meisten wirkten eher einfältig und waren pure Zeitverschwendung für den Leser. Den Negativ-Rekord stellten dabei eindeutig IT-Anzeigen auf. Doch um Missverständnissen vorzubeugen: Diejenigen Unternehmen, die's in den Printmedien nicht hinbekommen, sind auch bei der Personalsuche im Web nicht besser.
Wunschzettelartige Anforderungslisten bieten natürlich auch Unterhaltungswert: "Belastbar" soll der Bewerber sein -- als ob ein Stellenaspirant, der diese Eigenschaft nicht mitbringt, durch derartige Formulierungen jemals von einer Bewerbung abgehalten worden wäre. Und "gutes Deutsch in Wort und Schrift" wird ebenfalls gefordert. Es würde überraschen, wenn ein Bewerber in seiner schriftlichen Bewerbung freiwillig zu erkennen gäbe, dass die PISA-Studie auch seinetwegen so schlecht ausgefallen ist. Beim Schreiben der Bewerbung kann man sich schließlich helfen lassen, so dass ein sprachlich fehlerfreier Lebenslauf nicht die Fähigkeiten des Bewerbers in puncto Deutsch widerspiegelt. Derartige Formulierungen im Anzeigentext ersparen dem Unternehmen keine einzige jener Bewerbungen, auf die man gern dankend verzichten würde, und dienen folglich nicht der Vorauswahl. Beim ersten persönlichen Gespräch merkt man's schließlich ohnehin, zumindest was die mündlichen Sprachfertigkeiten betrifft.
Recht frappierend sind die Gemeinsamkeiten der Negativbeispiele. Fast immer besteht die Schilderung der Anforderungen aus einer langen, thematisch breit angelegten Schlagwortliste. Doch der Interessent, der daraus erkennen will, wie das künftige Aufgabenfeld nun ganz konkret aussieht, bleibt im Regen stehen und findet auch auf der Web-Site des Unternehmens kaum zusätzlich Erhellendes. Nicht nur die Ausgestaltung der künftigen Tätigkeit bleibt nach der Lektüre derartiger Anzeigen unklar, auch die "Information", die der Leser über das Unternehmen bekommt, ist auffallend häufig plattes Eigenlob an Stelle dessen, was wirklich interessiert. In Zeiten des Web müsste doch eigentlich auch HR gelernt haben, dass Beschönigungen reichlich kurze Beine haben.
Wenn man vom Bewerber erwartet, dass der keinen 08-15-Serienbrief als Bewerbung schickt, dann darf dies sinngemäß auch für das Unternehmen gelten. Je mehr spezifische Information der Interessent bekommt, die für die ausgeschriebene Position relevant ist, desto leichter wird es gelingen, einen höheren Anteil an interessanten Bewerbern zur Kontaktaufnahme zu motivieren. Und schließlich ist es heute kein Hexenwerk mehr, maßgeschneiderte Information pro Anzeige zu liefern, ohne dabei deren Text aufzublähen. All jene Details, die ein Inserat überfrachten würden, lassen sich auf einer speziellen Webseite unterbringen, auf die man im Text verweist. Web-Technologie lässt sich gerade dafür hervorragend einsetzen, und das bei nur geringem technischem Aufwand. Wer das Web als intelligente Verlängerung der Printmedien-Stellenanzeige nutzt, kann die Print-Anzeige sogar kürzer und preiswerter halten, gleichzeitig aber deutlich mehr Stellen- und Unternehmens-spezifische Information liefern. Obendrein bekommt er durch den Einsatz dieser Technik diverse Messmöglichkeiten gratis dazu.
Durch Response-Messung lassen sich dann Informations-Renner und -Ladenhüter erkennen, und man erfährt, was potenzielle Bewerber wirklich wissen wollen. Mit derlei Erkenntnis gewappnet, lässt sich die Zusatzinformation in der nächsten Runde gezielt verbessern und so die Attraktivität des Stellenangebots mitunter deutlich erhöhen.
Die Möglichkeiten cleverer Response-Messung sind vielfältig und auch im HR-Bereich ein echter Gewinn. Umso unverständlicher, weshalb Unternehmen diese Chance bei ihrer Personalarbeit wie auch im Marketing kaum nutzen, oder sich bestenfalls auf das einfältige Zählen von Seitenzugriffen beschränken. -- Die Anzahl der Klicks allein ist bestenfalls so interessant wie der sprichwörtliche Umstand, dass in China ein Sack Reis umgefallen ist: Wen interessiert's?
In fetten wie in dürren Jahren gilt es, jeden Top-Kandidaten geradezu wie eine Angebetete zu umwerben. Das glückliche Händchen von HR in diesem Punkt hat für das Unternehmen weitreichende Konsequenzen, und die Zusammenhänge sind eigentlich selbsterklärend:
Mit der richtigen Methode lässt sich auch der Wirkungsgrad von HR deutlich steigern, und ebenso wie für andere Mitarbeiter gilt: Eine exzellente Personalabteilung gehört zum besten Kapital Ihres Unternehmens.
1) "Bewerber" wird hier als Oberbegriff für Bewerberinnen und Bewerber verwendet. Schließlich würde auch niemand auf die Idee kommen, im Supermarkt nach der "Abteilung für Katzen- und Katerfutter" zu fragen.
Eitel Dignatz ist Strategieberater und Inhaber der Münchner Unternehmensberatung Dignatz Consulting.
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